Endlich gelesen: Der Reitwagen

Gestern abend am Zürcher Flughafen habe ich dann doch mal freche SFR 6,50 (in Euroland zahlt man nur €3,30) investiert und mir erstmals eine Ausgabe von „Der Reitwagen“ gegönnt.

Reitwagen CoverDas „schnelle Motorradmagazin“ ist hierzulande nur im gutsortierten Bahnhofsbuchhandel zu bekommen, deshalb mache ich wohl kaum der Schleichwerbung schuldig, wenn ich berichte, wie es mir die fast zwei Stunden Flugzeugaufenthalt auf dem Mittelsitz erträglich machte. Nach zwei Stunden war der Spaß allerdings auch schon wieder vorbei, denn länger brauchte ich nicht, um sämtliche Artikel auf den 100 Heftseiten zu lesen. Grafiklastig nennt man das wohl.

Doch es ist grade der Text, den die Reitwagen-Fans zu schätzen wissen, denn die Sprache in der die Autoren, die nur unter Namen wie Zonko, Berzerk oder Elvis Presser schreiben, unterscheidet sich doch deutlich von dem was die Fachpresse sonst so publiziert. Sätze wie

„Als ich auf dem aggressiven grünen Viech nach der Autobahnabfahrt im weit einsehbaren freien Land zuerst den Einser bis knapp 160 km/h ausdrehte, den Zweier bis 200 nachlegte und den Dreier bis kurz bis 230 einfahren ließ und das Vorderrad die ganze Zeit knapp über dem sphalt dahinflog, putzte es mir sämtliche Schwellen, Hürden und Hindernisse, die der Alltag nebenbei so abstellt, mit einer nicht aufzuhaltenen Leichtigkeit aus Körper und Seele. Himmel ja, es gibt das Paradies auf Erden!“

würden in der Redaktion von „Motorrad“ bestimmt gleich zu waschkorbweise eintrudelnden Leserbriefen führen, die sich über den verantwortungslosen Raser beschweren, doch eigentlich beschreibt hier doch nur ein Motorradfahrer über das Motorradfahren und was er daran liebt. Wer auf der Landstraße immer unter 100 km/h bleibt, der werfe den ersten Stein…

Der Schwerpunkt des Magazins liegt zwar auf dem schnellen Bewegen von schnellen Motorrädern, doch umso amüsanter werden dann Vergleichstest wie zwischen Harley Road King und Kawasaki VN 2000, die angeblich nur aufgrund einer verlorenen Wette zustande kamen. Anderswo hätte ich sowas sofort überblättert.

Hinderlich für den (meinigen) Lesefluss ist die Sprachbarriere. Das Österreichische hat mehr eigene Vokabeln und Redewendungen als mir bewusst war und erweitert man diese um die Eigenkreationen der Reitwagen-Redakteure (es hat schon etwas gedauert, bis ich wusste wo die Bogolei liegt…) kommt man am Anfang doch schnell mal ins Stocken. Doch laut Wikipedia haben es dank Reitwagen ja auch Begriffe wie „herbrennen“ oder „Kilogixxer“ in unseren Sprachschatz geschafft.

Beim nächsten internationalen Zeitschriftenregal dem ich gegenübertrete werde ich bestimmt wieder Ausschau nach den schnellen Ösis halten…

17 Comments on “Endlich gelesen: Der Reitwagen

  1. Jepp,
    der Reitwagen ist eine der wenigen Moppedzeitschriften, die ich mir öfter mal kaufe. Früher ließ ich ihn mir immer von Bekannten aus Ösiland mitbringen, seit etwa einem Jahr gibts den auch bei uns. Und das nicht nur im Bahnhofsbuchhandel, nein, erstaunlicherweise auch in meinem local Edekadorfsupermarkt.

  2. „Wer auf der Landstraße immer unter 100 km/h bleibt, der werfe den ersten Stein…“ – mit der Enfield definitiv (geht nicht anders) – mit der XJ definitiv nicht. Nein, ab und zu muss man auch mal aufzynden und zynftig einen herbrennen. Das macht nicht nur die Reifen warm, sondern auch die Magengegend. Die von dir genannten Begriff kenne ich, wird glaube ich mal Zeit, dass ich mir die Zeitschrift auch mal kaufe… also danke für die Vorstellung dieses Blättchens!

  3. Den Preis finde ich noch in Ordnung für’s aussereuropäische Ausland. Und sonst gäbe es noch „Töff“ aber ob das zu ähnlich begeisterter Kritik geführt hätte, erscheint mir, nun ja, fraglich.

    Im Übrigen ist ZRH ja auch nicht für günstige Preise bekannt. Im Zweifelsfall mal Rudolf Strahm bzw. Stefan Meierhans (neu ab 1. Oktober) anrufen, das ist unser Preiüberwacher :o)

    Alternativ nur noch amerikanische Magazine kaufen – wir haben ja schon seit längerem Dollarparität (höhö)

    P.S.: Grosser Bonuspunkt für „Zürcher“ statt „Züricher“ wie man es auch gerne mal sieht. Da freut sich der Zürcher

  4. Züricher Flughafen … hmm, da bin ich ja dienstlich bedingt ab und an. Guter Tipp 🙂

  5. q.e.d. (für Schweizer: hx)

  6. @Jojo: Auf die Idee mal hier vor Ort zu gucken bin ich komischerweise noch gar nicht gekommen. Mal sehen wie die Situation in unserem Edekadorfsupermarkt ist…

    @sk: €4,20 um genau zu sein. In Italien oder zu Hause wärs billiger, obwohl das Heft ein weiteren Weg hätte aber das ist wohl der normale „Schweiz-Zuschlag“… 😉

    @Marc: Jedes Motorrad weckt halt andere Triebe in einem – deshalb braucht man ja (theoretisch) so viele.. 😉 Was die Vokabeln angeht: ‚Aufzynden‘ ist ja schon lange eingedeutscht, ich bin eher über Begriffe wie ’schmähstadt‘, ‚leinwand‘, ‚derpackt‘ oder ‚augefratschelt“ gestolpert…

    @Michi: Ob ich nun die Töff oder die Motorrad bleibt sich wahrscheinlich gleich. Ein US-Magazin wäre vielleicht auch mal interessant (mein Englisch ist auch besser als mein Österreichisch… 😉 ) mal gucken, was der Flughafenbuchhandel beim nächsten mal so her gibt…
    Ich gebe zu, dass ich vorher noch mal schnell die Google-Treffer von „zürcher“ vs. „züricher“ verglichen habe. Ersteres hat aber auch einen schöneren Klang wie ich finde.

    @Mephisto: Fettnapf oder bist Du einfach nur böse? 😉

  7. In Frankreich gibt es sogar ein Cafe Racer Magazin. Das würde ich mir auch glatt kaufen, wenn ich dann nicht immer die ganzen Texte in Babelfisch eintippen und raten müsste was das Ergebnis bedeuten soll… 🙂

  8. Nö, weder Fettnapf (oder ich sehe ich noch nicht ;-), noch böse. Wenn ich daran denke, schaue ich mir das Magazin mal an. Ich darf dann ja eh mit dem Zug noch weiter und das Magazin könnte eine kurzweilige Lektüre sein 🙂

  9. So, jetzt ist’s um ie Exklusivität des Reitwagens geschehen. Jojo folgend habe ich heute im hiesigen Edeka mal ins (gut sortierte!) Zeitschriftenregal geschaut, und siehe da – die aktuelle Ausgabe des Stolzes österreichischen Motorradjournalismus. 🙂

  10. @Mephisto: Wegen „Zür_i_cher Flughafen“ (i.V.m. den letzten Zeilen meines ersten Kommentars); aber immer noch besser als „Unique“ (www. unique.ch)

    Der Zürcher (Bewohner der Stadt oder des Kantons Zürich) bevorzugt „Zürcher Flughafen“ obwohl er selber meisten schlicht „Kloten“ sagt…

  11. Aha … das mit dem ohne „i“ wußte ich noch gar nicht. Naja, der Flughafen ist für mich eh nur eine Durchgangsstation, die freien Abende in Zürich kann ich leider an den Fingern einer Hand abzählen.

    Dafür habe ich mir vor wenigsten Stunden das Magazin gekauft. Mal schauen, wann ich etwas Zeit zum Lesen finde 🙂

  12. D´Ehre!
    Dieser Gruß muss Dir ja jetzt bekannt sein, nachdem Du den Reitwagen gelesen hast. Ich bin stolzer Abo-Besitzer, da die Reitwagenlogistik nicht so gut wie das Heft ist. Richten, Herbrennen und natürlich auch Einwerfen ist bestimmt nicht immer leicht verständlich. Bei Zweifel stehe ich Dir als Nativespeaker gerne zur Verfügung und würde dafür auch den Tuttelbären gerne mal neben Deinem Reiskocher parken.
    Gruß,
    Nikolaus

  13. @Nikolaus: Wenn unser Gespräch neulich nicht auch auf den Reitwagen gekommen wäre, hätte ich in ZRH wahrscheinlich gar nicht in die Auslagen geschaut.
    Das Abo für Deutschland finde ich reichlich teuer – vielleicht kannst Du Dir die aktuellen Ausgaben ja auch beim Edeka in Curslack abholen. Der ist nur ein paar Kilometer vom Zollenspieker weg… 🙂

  14. Pingback: Den Reitwagen gibt's heute auch mal im Fernsehen - bei DSF Bike » MoppedBlog

  15. Die beste Motorradzeitschrift der Welt: Es leben die Transen, der Locus und der Bürgerkäfig!
    Meine Lieblingsstory ist Zonkos Fahrt in die Türkei mit Miss Dagger, wo er sich den Arm brach und einarmig zurückfuhr…

  16. Pingback: “Der Reitwagen” im TV : Technikfreun.de