Meine Tage als Chopperfahrer

Kürzlich fragte Aaron bei mir an, ob ich nicht eine Shadow Black Spirit, die Jochen demnächst für einen Test nach Hamburg überführen würde, anschließend für eine paar Tage zur Probe fahren wolle.

Quasi reflexartig sagte ich ja, obwohl mich eine leise Stimme im Hinterkopf warnte:“Hallo, jemand zu Hause? Das ist ein Chopper oder Cruiser oder irgendsowas Langweiliges und Unfahrbares…“ Andererseits: auch etwas choppereskes sollte man einmal gefahren sein – man muss ja wissen worüber man ständig lästert, oder?

Black Spirit von vorn
Black Spirit von vorn

Zwischendurch noch mal schnell im Netz nachgeschaut, was es mit der Version „Black Spirit“ der 750er Shadow auf sich hat. Beruhigt konnte ich feststellen, dass ich nicht mit barockem Chrom durch die Gegend fahren würde, sondern mit einer im besten Sinne „gechoppten“ Version der normalen Shadow. Viel (matt-)schwarzer Lack und etwas (11kg) leichter, schmaler, tiefer, kürzer, dicke Reifen und so -  der Bobber-Look lässt grüßen…

Gut, ich würde mich also (mit Helm) trauen, damit durch die Nachbarschaft zu fahren, stellte sich nur noch die Frage wie sich ein Gefährt mit so einer ungünstigen Lenkgeometrie und Sitzhaltung überhaupt fährt.

...und von der Seite
...und von der Seite

„Es geht“, sage ich mal… Den Hintern knapp überm Asphalt (65cm Sitzhöhe – so einen sicheren Stand hatte ich auf einem Motorrad noch nie), die Fußspitzen gegen den Wind gerichtet und die Arme fast gerade nach vorne gestreckt. Der dreiviertel Liter-V2 brabbelt unaufdringlich vor sich hin und als eigentlich sportlicher Fahrer fühlt man sich sofort merkwürdig entschleunigt. Das ist nicht Motorradfahren wie ich es gewohnt bin, das ist auf die Couch setzen, frische Luft atmen und die Aussicht genießen. Geschmackssache also. Möglichst früh (so ab 60 km/h) versucht man schon im letzten, fünften Gang zu sein, dort blubbert der Motor dann – leicht untertourig – am schönsten. Hundert oder hundertzwanzig Sachen sind mit den gebotenen 46PS auch noch in akzeptabler Zeit erreicht, danach wird’s sowieso uninteressant. 160 km/h waren auf der Autobahn zwar drin, doch dann wird’s ein wenig zugig und der V2 nur noch klingt wie ein getretener Einzylinder. Bei wieviel Umdehungen das der Fall ist – keine Ahnung – einen Drehzahlmesser haben nur die wenigsten Chopper im Angebot und auch bei der Black Spirit fehlt er. Ziemlich ungewohnt, wenn man darauf konditioniert ist, nach Drehzahl und nicht nach Geschwindigkeit zu fahren…

Grundsolider V2 mit Einspritzung
Grundsolider V2 mit Einspritzung
Adieu Hutmutter

Das Handling hat mich überrascht. Keine Ahnung ob’s am niedrigen Schwerpunkt liegt aber die Shadow ist äußerst leicht in Schräglage zu bringen und auch Manövrieren am Lenkanschlag ist drin. Den Begriff Schräglage muss man freilich erst neu definieren, wenn man von einer R6 auf einen Chopper umsteigt. Bei jeder Gelegenheit werden die Angstnippel an den Rasten kürzer und das Mopped um ein paar Milligramm leichter. Das ist zu Anfang ganz witzig, nervt aber doch ziemlich wenn man plötzlich vor jeder Kurve, die sonst Garant für ein paar Sekunden Sportler-Fahrspaß war, bremsen muss, um nicht in die Gefahr zu geraten, sich aus der Kurve zu hebeln. Die Schnappsidee, die Kurven mal mit Hanging-off zu nehmen musste ich schnell wieder drangeben, ich wäre wahrscheinlich vom Bock gefallen… Die Arme sind zu weit auseinander, es gibt weder für die Unterarme halt am Tank noch für die Beine an der Sitzbank und von der Position der Füße wollen wir gar nicht erst anfangen.

Die Bremsen (vorne Einscheibe, hinten Trommel) sind bestenfalls „gutmütig“, das wäre mir auf Dauer zu wenig, entgegen meiner Gewohnheit habe ich auch regelmäßig mit der Hinterradbremse mitgebremst. Die Black Spirit ist übrigens die einzige Shadow, die nicht mit ABS ausgestattet ist, wahrscheinlich verzögern die anderen Modelle effektiver.

Größenvergleich mit R6
Größenvergleich mit R6

Die Federelemente sind weich, reagieren aber nicht besonders schnell. Schlaglöcher bekommt man also trotzdem zu spüren – nicht so schön, wenn man eh schon so orthopädisch bedenklich sitzt, wie es die Gattung Chopper von einem verlangt.  Auf der breiten Sitzbank lässt es sich aber sonst eine ganze Weile aushalten, erst nach etwas einer Stunde musste ich ein wenig hin und her rutschen, um den Allerwertesten nicht zu einseitig zu belasten.

Eine schöne Defintion zur Einordnung der Shadow Black Spirit innerhalb der Motorradwelt bekam ich am Hamburger Treffpunkt Zollenspieker, wo eine „Biker-Familie“ entlang der aufgereihten Motorräder flanierte. Papa ging vorraus, derweil unterrichtete Mama sachkundig die vielleicht 10jährige Tochter über die verschiedenen Motorradtypen: „Das ist ein Supersportler, das hier ist ein Tourer…“ – sie erreichten die Shadow – „...und das ist ein Mädchenmotorrad!

Leichter Höhenunterschied
Leichter Höhenunterschied

Das saß. Zwar stellte auch Frau Moppedblogger gleich bei meiner Ankunft mit der Maschine fest, daß die  „aber hübsch!“ sei , doch ein Motorrad nur aufgrund niedriger Leistung und Sitzhöhe sowie einfachem Handling den Damen vorzubehalten wäre bestimmt sexistisch. „Anfängermaschine“ träfe es vielleicht besser, auch wenn ich Fahranfängern bestimmt nicht zu einem Chopper als Erstmotorrad raten würde. Das versaut den Fahrstil garantiert auf Lebenszeit…

Da glänzt doch noch was?!
Da glänzt doch noch was?!

Würde ich die Black Spirit mein Eigen nennen, wüsste ich allerdings schon, wie ich sie „männlicher“ bekäme und zwar – natürlich – mit mehr laut und noch mehr schwarz. Um die Maschine akkustisch etwas präsenter zu bekommen hält der Zubehörmarkt schon so einiges bereit und was den Wunsch nach einer Komplettschwärzung der Black Spirit angeht bin ich wohl auch nicht ganz allein, denn bei Abgabe der Maschine bei Honda Harke erzählte man mir, dass man dort für die Hamburger Motorradtage eine Version mit schwarz lackierter Auspuffanlage sowie geschwärzten Anbauteilen (ein paar „Silberstreifen“ gibt es ab Werk doch noch) angefertigt habe, die beim Publikum recht gut ankam. Kostenpunkt für diese Maßnahme: ein runder Tausender…

Was gefällt sonst noch?

  • Erfrischend wenig Lederfransen
  • Trotz 46 PS ist (bei bestimmungsgemäßer Verwendung) irgendwie immer genug Leistung/Drehmoment vorhanden
  • Kinderleicht zu fahren
  • Kardan funktioniert herrlich unauffällig

Was stört sonst noch?

  • Rostbildung unter Auspuffblende, sowie an Krümmerschrauben (bei einem 1000km alten Mopped)
  • Wenig stabil, wenn Kurven und Unebenheiten gleichzeitig auftreten
  • Klemmbacken an oberer Gabelbrücke extrem scharfkantig
  • Null Stauraum, nichteinmal für ein Handy

Was bleibt?

Was bleibt, ist bei mir der Ansatz von Erkenntnis welchen Lustgewinn Chopperfahrer wohl aus der Bewegung mit so einem Gefährt ziehen könnten. Einen möglichst großvolumigen Motor unter sich arbeiten zu hören und zu spüren, bequem geradeaus fahren, sehen und gesehen werden. Alles legitime Motive aber größtenteils nicht die meinen.

Für mich hatten meine etwas 250km mit der Black Spirit kurzzeitig den Reiz des Exotischen, das ist aber dauerhaft nicht wirklich befriedigend (hier passende Sex-Analogie einfügen…). Für Freunde des Cruisertums und alle die es werden wollen ist mit der Black Spirit aber ein problemloser Einstieg in die schwache Droge Chopperfahren möglich.

7 Comments on “Meine Tage als Chopperfahrer

  1. Schöner Bericht!
    Kann ich, nachdem ich jetzt endlich mal auf einer Supersportler saß, auch alles gut nachvollziehen ;o)

  2. Auch wenn ich die Shadow nur kurz bewegt habe, ich teile deine Eindrücke. Ich komme ja mit vielen Motorrädern klar, Sportler, Enduros, Klassiker, Tourer, aber das wäre auf Dauer auch einfach nicht mein Ding.
    Ist natürlich alles eine Sache des Anspruchs. Mein Anspruch ans Motorradfahren ist wohl wie deiner eher nicht Chopper kompatibel. Aber: Jeder nach seiner Fasson.

    Schön geschriebener Bericht übrigens. 🙂

  3. Pingback: Günstige Produkte » Blog Archive » AKKU LI-ION 14. 8V 2600mAh schwarz black passend für IBM LENOVO THINKPAD X60 / X60s

  4. Toller Bericht !
    Aber, was Du natürlich als „NICHTCHOPPERFAHRER“
    nicht wissen konntest, richtige Copperfahrer
    fahren ohne Handy und man sllte sogar ihre Uhr nicht sehen . Als chopperfahrer ist man
    eben sehr FREI von allen Zwängen und braucht wohl auch kein Staufach für ein Handy .

  5. Pingback: Günstige Produkte » Blog Archive » Li-Ion Akku + Ladegerät für NIKON D50 BLACK

  6. Hmm ansich sieht sie nicht schlecht aus.. aber irgendie würde ich dann, wenn ich schon so etwas fahren möchte, zu einem richtigen chopper tendieren.

  7. finde diese maschiene richtig gut. fahre sie jetzt seid über einem jahr und muss sagen,dass sie mir `ne menge spass bereitet. wenn ich rasen will ist das natürlich nicht das richtige.für ein entspanntes fahren ist sie aber genau richtig und für den preis absolut ok. jüngere fahrer müssen sich natürlich auf der strasse noch beweisen. die älteren haben(oder nehmen sich)zeit und geniessen die fahrt.